SPD-Antrag im zweiten Anlauf angenommen und auf andere Bereiche des Gebäudes erweitert
Bad Orb (tn). Im zweiten Anlauf gelang die Diskussion über einen Antrag der SPD, der einen barrierefreien Zugang zur Konzerthalle forderte. Er wurde nicht nur einstimmig angenommen, sondern sogar - auf Antrag der FWG - auf alle Türen in der Konzerthalle ausgeweitet. In der zurückliegenden Sitzung hatte Stadtverordnetenvorsteher Grüll den Antrag von der Tagesordnung genommen, weil keine Einigkeit darüber hergestellt werden konnte, ob der FBO-Parlamentarier Michael Kowalski in der Angelegenheit befangen ist, weil er der Pächter der Konzerthalle ist. CDU-Fraktionschef Michael Kertel schaltete daraufhin die Kommunalaufsicht ein, die seine Sichtweise, dass Grüll den Antrag nicht hatte von der Tagesordnung nehmen dürfen, bestätigte, nicht aber die Sichtweise der CDU, die von Kowalskis Befangenheit ausgegangen war. Den umfangreichen Schriftwechsel (rund zehn DIN-A4-Seiten), der in der Angelegenheit angefallen ist, lies Stadtverordnetenvorsteher Grüll zu Beginn der Sitzung komplett vor.
SPD-Fraktionschef Winfried Krämer bezeichnete die behindertengerechten Zugänge als „überfällig”. Für die Sanierung der Konzerthalle sei viel Geld ausgegeben worden, einige Aufgaben seien allerdings noch nicht erledigt. „Die Eingangstüren entsprechen nicht mehr den Anforderungen an Öffentliche Gebäude.“ Krämer ist sich der Tatsache bewusst, dass die „Konzerthalle nicht in die direkte“ Zuständigkeit des Parlaments fällt. Daher solle der Magistrat als Gesellschafter in dieser Hinsicht ein klares Signal an die Kurgesellschaft senden.
Dennis Heim (FWG) findet den Vorstoß der SPD gut, mochte es aber dabei nicht belassen. Er stellte den Ergänzungsantrag, alle Türen in der Konzerthalle und auch die Türen zu den Toiletten zu überprüfen und gegebenenfalls behindertengerecht auszustatten. Mit diesem Vorschlag rannte die FWG bei CDU-Fraktionschef Michael Kertel offene Türen ein. Er blickte noch weiter und sah Defizite auch beim Rathaus und im öffentlichen Raum. Er verwies zudem auf ein Gespräch mit Kurdirektor Dr. Jörg Steinhardt der bereits zugesagt hatte, den barrierefreien Zugang im Wirtschaftsplan zu verankern.
FBO-Fraktionschef Ralf Diener blickte noch einmal zurück: „Ich hätte gerne in der letzten Sitzung schon darüber abgestimmt.“ Mit Blick auf die Vorgänge in jener Sitzung fühle er sich in seine Kinderzeit zurückversetzt. „Es geht um einen Türknopf, warum kann man da nicht einfach zustimmen?“, fragte Diener und fügte an, dass er so seine Zeit nicht verschwenden möchte. Die FBO lege außerdem Wert darauf, dass dieses Vorhaben schnell realisiert wird. Insgesamt stelle er sich aber die Frage, warum diese Sachen bei der Umgestaltung der Konzerthalle vergessen worden seien. Und der CDU rief Diener zu: „Wenn Sie auf ein Versprechen Steinhardts warten, dann warten Sie auf den Weihnachtsmann.“ Um noch einen draufzusetzen: „Wenn dieser Dr. Steinhardt hier in Bad Orb weiter sein Unwesen treiben darf ...“ - der Satz blieb unvollendet.
Michael Heim (FWG) erwiderte: „So können wir hier nicht arbeiten. Die Tirade gegen den Kurchef, das ist nicht der Ort dafür.“ Was den eigentlichen Gegenstand der Debatte angeht, regte Heim an, in Bad Orb einen Behindertenbeirat zu gründen, wie es ihn in anderen Kommunen gebe. Bürgermeister Weiß informierte, dass er daran gedacht hatte, einen Beauftragten für Barrierefreiheit einzuführen.
Anschließend meldete sich Heinz Josef Prehler zur Geschäftsordnung. Er wandte sich deutlich gegen Dieners barsche Kritik am Kurdirektor. Es könne nicht sein, dass Leute, die hart arbeiten und einen guten Job machen, derart angegangen werden. Auch in der Kurgesellschaft gelte es. Stück für Stück voranzukommen - Erfolge kommen nicht in einem, machte Prehler deutlich. Und weiter. „Die Konzerthalle wäre ohne Steinhardt heute wahrscheinlich geschlossen.“ Und auch die oft kritisierte Lesehalle habe „viele gute Seiten“.
Auch Annemarie Meinhardt 1 (SPD) wünschte sich mehr Sachlichkeit. Sie erinnerte daran, dass Aufsichtsräte, Stadtverordnete und, Bürgermeister in die Entscheidungen beim Umbau der Konzerthalle involviert gewesen seien, und kam zu dem Schluss: „Der Architekt hätte das bedenken sollen. Ich kann als Aufsichtsrat nicht alles kontrollieren."
Quelle: GNZ, 09.09.2016