27 October 2021

Eiserne Hand - alles zu weitreichend

CDU und FWG treten bei der Vergabe des Gewerbegebiets auf die Bremse/Beratungen im Ausschuss


Bad Orb (in). Als „letzte Chance“ bezeichnete Bürgermeister Roland Weiß die Option, dass sich die Kreiswerke Main-Kinzig mit einem Busdepot auf dem seit zwei Jahrzehnten brachliegenden Gewerbegebiet „Eiserne Hand“ ansiedeln. Die kreiseigene Gesellschaft signalisierte Interesse an einer Fläche von 20000 Quadratmetern. Das entspricht etwa einem Drittel der Gesamtfläche.

Doch der Verkauf hat einen gravierenden Haken; Rund 1,4 Millionen Euro müsste die Stadt Bad Orb beim Verkauf zubuttern. Denn die Erschließung und der Rückkauf der Fläche kosten weit mehr, als die Kreiswerke zu zahlen bereit sind. Aus diesem Grund und auch weil eine verlässliche Kostenermittlung nicht vorliegt, traten CDU und FWG auf die Bremse. Das Thema soll im Ausschuss aufgearbeitet werden, beschloss das Parlament einstimmig bei Enthaltungen von SPD und FBO.

Vom „letzten Strohhalm" sprach Weiß, der intensiv dafür warb, den Weg für den seriösen und verlässlichen Interessenten freizumachen. Wenn erst ein Betrieb sich angesiedelt habe, werde es der Stadt sicher gelingen, auch die restlichen Flächen noch zu vermarkten. Drei Interessenten, verriet Weiß, stünden bereit und wollten jeweils weitere 3000 Quadratmeter der Räche übernehmen. Wenn die Stadt jetzt nicht handele, warnte Weiß, dann „können wir das Buch zu machen". Seit vielen Jahren zahle die Stadt 45000 Euro Zinsen im Jahr, nur zuletzt sei der Betrag - wegen der Zinsentwicklung auf - 25000 Euro gesunken. Zudem blicke die Stadt auf eine Schuldenlast, die sich auf 1,7 Millionen Euro für das Gelände beläuft. Dass bei dem Geschäft alle Beteiligten Federn lassen müssten, sei klar, befand Weiß. Denn dass die Stadt die Flächen zu dem kostendeckenden Betrag in Höhe von 110 Euro pro Quadratmeter verkauft, sei nicht anzunehmen. Denn schließlich würden in Erlensee Gewerbeflächen schon für 55 Euro pro Quadratmeter verkauft. So könne man hochzufrieden sein, dass die Kreiswerke in Bad Orb bereit sind, 80 Euro zu zahlen. Trotz dieses Entgegenkommens habe Bad Orb einen Minusbetrag von 1,5 Millionen zu schultern, wenn alle Flächen zu diesem Preis verkauft werden können.

Alfred Palige (CDU) machte zunächst deutlich, dass seine Fraktion das Interesse der Kreiswerke begrüße. „Nach über zehn Jahren ist das die erste ernstzunehmende Vorlage." Sicherlich wären die Kreiswerke ein wichtiger Ankerinvestor. Wären! Denn eine endgültige Zusage wolle die CDU nicht erteilen. Viel zu weitreichend sei die Beschlussvorlage mit ihren vier Punkten: Reservierung der Fläche für die Kreiswerke, Verlängerung des Bodenbevorratungsvertrag mit der Hessischen Landgesellschaft (HLG), Erschließungsvertrag mit der HLG und weiteren Reservierungen für Kaufinteressenten. Palige beantragte, sich im Haupt- und Finanzausschuss und im Verkehrsausschuss mit den offenen Fragen zu befassen. Das sah auch Marita Brandes von der FWG so. Sie forderte zudem, auch andere Interessenten einzubinden, beispielsweise den Interessenten, den die FWG im August ins Spiel gebracht habe. Im Ausschuss sollte Interessenten die Möglichkeit bekommen, ihre Vorhaben zu präsentieren.

Bürgermeister Weiß ließ das Parlament wissen, dass sich der von der FWG ins Spiel gebrachte Investor nicht erneut bei der Stadt gemeldet habe, nachdem die Verwaltung seinen umfangreichen Fragenkatalog beantwortet habe. Weiß: „Seitdem herrscht absolute Ruhe.“ Das bedeute, dass es im Moment nur einen Interessenten gebe, nämlich die Kreiswerke. Weiß dazu: „Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach."

Ralf Diener, der Fraktionsvorsitzende der FBO, blickte in die Vergangenheit und erinnerte das Parlament daran, dass FWG, SPD und der frühere Bürgermeister Wolfgang Storck „der Stadt dieses Gewerbegebiet beschert habe". Am Ende werde das Gewerbegebiet den Steuerzahler 3,4 Millionen Euro gekostet haben. Diener: „Die FWG hat schon damals nicht verstanden, wovon Bad Orb lebt. Danke FWG, SPD und Wolfgang Storck." Er ist sich zudem sicher: „Dieses Gewerbegebiet wird niemals Einnahmen bringen.“

Volker Döpfer (FWG) bekannte, dass er Diener teilweise recht geben müsse. Er stellte die Frage: „Warum weist eine Stadt Gewerbeflächen aus?" Und beantwortete sie auch gleich: „Um Geld zu verdienen." Er lehne die Vorlage der Stadtverwaltung ab, weil darin nur geschätzte Kosten aufgeführt seien. Am Ende würden sich die Erschließungskosten noch gravierend erhöhen. Das könne niemand wissen. Döpfer: „Und da soll ich zustimmen?“ Zu den vorliegenden Plänen gebe es Alternativen, nämlich Investoren, die das ganze Gelände kaufen und auch selbst erschließen wollen. Von Bürgermeister Weiß wollte Döpfer wissen, was die Stadt von den Kreiswerken an Steuereinnahmen zu erwarten habe. Weiß versicherte, dass das Unternehmen natürlich Steuern zahlen werde, schließlich werde die Hauptverwaltung der Regionalverkehr Main-Kinzig GmbH nach Bad Orb verlagert. Wie hoch die Einnahmen seien, könne er nicht sagen - wegen des Steuergeheimnisses.

Quelle: GNZ 29. Oktober 2021