4 May 2016

Sachpolitik bleibt auf der Strecke

REAKTIONEN CDU und FWG kritisieren „Koalition" aus SPD und FBO im Orber Parlament / Union fordert klare Positionierung zu Zukunftsfragen

BAD ORB (red). Enttäuschung, Irritation und auch Verärgerung über das Vorgehen der neuen politischen Kooperation aus SPD und FBO in Bad Orb macht sich bei der „Opposition“ aus CDU und FWG breit. Kritik üben die beiden Fraktionen in Pressemitteilungen vor allem am Verhalten der SPD, die als Wahlverlierer wichtige politische Ämter besetzt. Die CDU verlangt zudem eine Positionsbestimmung der neuen „Koalition“ zu wichtigen städtischen Themen.

Die Bad Orber CDU-Fraktion bedauert, dass die Mehrheitsfraktionen aus FBO und SPD zurzeit keinerlei Zusammenarbeit mit den anderen Fraktionen im Stadtparlament wünschen und alle Möglichkeiten nutzen, die CDU aus den Gremien der Stadt zu drängen. Dass die Positionen des Ersten Stadtrats und des Stadtverordnetenvorstehers jeweils mit Mitgliedern des Wahlverlierers SPD besetzt worden seien, empfindet die Union zudem „als höchst undemokratisch“.

„Wir nehmen die aktuellen Ereignisse wider den Wählerwillen irritiert zur Kenntnis. Das ist kein guter Stil der SPD/FBO-Koalition. Seit Wochen wird hier bei der Personalpolitik getrickst, um die Wählerentscheidung vom 6 März zu verbiegen. Dabei ist es schade, dass bereits am Anfang der Legislaturperiode bewusst das bisher gute politische Klima aufs Spiel gesetzt wird, weil personelle „Machtspiele ohne Rücksicht betrieben werden. Die Sachpolitik bleibt dabei auf der Strecke. Wir fordern daher die Koalition auf, ihren Kooperationsvertrag zu veröffentlichen und den Menschen in Bad Orb zu sagen, wie sie sich die Zukunft der Stadt vorstellt“, so CDU Fraktionschef Michael Kertel.

Nach Ansicht der CDU sei es wichtig und notwendig, dass verlässlich erklärt werde, wie die Koalition etwa die Umgestaltung der Innenstadt, die Vereinsförderung. die Haushaltssanierung oder die Weiterentwicklung des Gesundheits- und Tourismusstandorts Bad Orb angehen wolle. Auch sei es interessant zu wissen, welchen Stellenwert die Nutzung der Windkraft bei SPD und FBO einnehmen werde.

„Die CDU ist inhaltlich gut aufgestellt und wird auch in Zukunft allen Fraktionen die Zusammenarbeit anbieten, wenn sie denn gewollt ist. Nur möchten wir gerne wissen, was die Mehrheitsfraktionen planen. Auch die Bürgerschaft hat einen Anspruch darauf.“, so Kertel.

Wie Kertel weiter berichtet, hat sich die CDU-Fraktion inzwischen konstituiert. Dem Fraktionsvorstand gehören neben Michael Kertel die drei Stellvertreter Alfred Palige, Steffen Kempa und Edwin Noll an. Die Geschäftsführung übt Dr. Michael Schreiber aus, während Manfred Walter die Kasse führt. Vervollständigt wird der Vorstand durch den CDU-Parteivorsitzenden Tobias Weisbecker. Als eine der ersten Entscheidungen nominierte der Vorstand Alfred Palige als Vorstandsmitglied der König-Ludwig-Stiftung Bad Orb und Ewald Schnarr als Mitglied der Betriebskommission Eigenbetrieb Kommunale Dienste.

Auch die FWG bewertet die konstituierende Parlamentssitzung kritisch. Nach einem für sie enttäuschenden Wahlergebnis, hätten sich die gewählten FWG-Vertreter dennoch zur konstituierenden Stadtverordnetenversammlung geschlossen und motiviert eingefunden. Im Vorfeld habe man schon gehört, dass FBO und SPD gemeinsam auftreten wollten. Auch seien die relevanten „Posten“ quasi schon vergeben.

„Als (Wahl-)Verlierer backt man normalerweise kleine Brötchen. Nicht so die Orber SPD, im Gegenteil. Trotz eines Stimmenverlusts von fast 40 Prozent besetzte sie mit Hilfe der FBO die Schlüsselpositionen in Bad Orb. Klar, das war doch jetzt die Gelegenheit, es allen, besonders der CDU, heimzuzahlen“, ist die FWG überzeugt. Das sei ihr handstreichartig gelungen. Mit 16 zu 15 Stimmen wurden Heinz Grüll ab Stadtverordnetenvorsteher und die gemeinsame FBO/SPD-Magistratsliste mit Bernd Bauer als Ersten Stadtrat gewählt.

Versuche der CDU und FWG, dies mit Appellen abzuwenden - der Hinweis auf das ungeschriebene Gesetz, der Stadtverordnetenvorsteher werde normalerweise aus der stärksten Fraktion gewählt wird oder dass der Umgang in der konstituierenden Sitzung prägend für die Zusammenarbeit in der Zukunft - verhallten offenbar ungehört, so die Freien Wähler. Man sei wohl regelrecht berauscht gewesen vom Gefühl der (Ein-Stimmen)-Mehrheit „Die vergiftete Atmosphäre war mit Händen zu greifen. Die meist gute Zusammenarbeit der Fraktionen während der letzten Legislaturperiode war vergessen, nichts Gutes für die Zukunft lässt sich erahnen. Ein Stadtverordnetenvorsteher, der von 49 Prozent „seiner" Stadtverordneten nicht gewählt wurde, ein Erster Stadtrat, dem es ebenso ergeht, sowie das Durchsetzen bei der Verkleinerung der Ausschüsse zeigten die ‘Macht* von FBO und SPD. Zwei wichtige politische Ämter, die aus der drittkleinsten Fraktion besetzt werden, weil sie bei der Wahl enorm viele Stimmen verloren hat Es sind nicht nur 15 Stadtverordnete, die damit nicht einverstanden sind, nein, bei einem Großteil der Bevölkerung ist das sicherlich genauso“, ist die FWG überzeugt Es scheine, dass Kommunalpolitik sich kaum von der „großen“ Politik unterscheidet Zuerst gehe es wohl doch nur um Posten. Vertrauensbildend sei dies nicht Dennoch gehe die FWG davon aus, dass bei den Sachthemen alle guten Willens sind und für die Stadt das Beste wollten. Darauf baue die FWG. Auch sie sei für Bad Orb.

Quelle: GT, 3. Mai 2016